12. November 2013

Berliner Charité: hausgemachte Krankheit

Die Berliner Charité ist ein berühmtes Krankenhaus, ein historisches, ein weltberühmtes dazu, Glanzstück ärztlicher Kunst und wissenschaftlichen Könnens.

Das ist die eine Seite. Die andere ist eher dunkel. Denn mit der immer weiter um sich greifenden Ökonomisierung auch der Krankenhäuser hat in der Charité anscheinend ein finsterer Grundsatz Einzug gehalten: Profitwirtschaft durch Lohndumping.

 

Die Charité erwirtschaftet “mehr als eine Milliarde Euro im Jahr”, verrät die Anstalt. Was sie nicht verrät: das geschieht unter anderem in outgesourcten Betrieben, zum Beispiel der “Charité Facility Management (CFM)”. Dort sind Reinigungskräfte, Fahrer und andere Servicekräfte zusammengefasst, die früher für bessere Löhne direkt bei der Charité angestellt waren und jetzt zu niedrigen, zu Dumpinglöhnen eben, in einer eigenen Gesellschaft arbeiten. 2011 mussten die dortigen Beschäftigten 89 Tage streiken, um wenigstens einen Mindestlohn von 8,50 € zu erhalten.

 

Was für die Beschäftigten ein Erfolg war, war für die Geschäftsführung eine Niederlage. Die hat sie offensichtlich nicht vergessen, sondern versucht derzeit, an einem der Streikführer ein Exempel zu statuieren. Aaron Williams, Betriebsratsmitglied, wurde fristlos gekündigt (hier ein Bericht des rbb). Weil das Betriebsverfassungsgesetz eine solche Kündigung verbietet, soll nun das Arbeitsgericht sie erlauben. Verhandelt wird darüber am 9.12. 2013, sicherlich unter großer Anteilnahme von Williams Kolleginnen und Kollegen.

 

Gut wäre, wenn dieser Prozess eine wirklich breite Aufmerksamkeit erfährt. Denn es geht um Grundsätzliches: Die Geschäftsleitung wirft Aaron Williams nämlich vor, er habe “den Betriebsfrieden (durch) beleidigende und verleumderische Äußerungen erheblich gestört”. Williams hatte darauf hingewiesen, dass bei der CFM eine arbeitgeberfreundliche Betriebsratsliste (“Frischer Wind” ) nicht nur erhebliche Unterstützung durch die Geschäftsleitung erfahren hat (z.B. durch die Einrichtung einer eigenen Website mithilfe des Systemadministrators der CFM), sondern dass mindestens eine Betriebsratsangehörige dieser Liste in auffallender zeitlicher Nähe zu ihrer Streikbrecheragitation 2011 eine 50%ige Lohnerhöhung erhalten hat.

 

Offen über Korruption und Bevorzugung zu reden, tut weh. Dass ein weltberühmtes Krankhaus, in dessen Aufsichtsrat sogar Berliner Senatsmitglieder sitzen, das verbieten will, tut noch mehr weh. Es ist eine der Aktionen, die darauf abzielen, demokratische und gewerkschaftliche Rechte – zu ihnen gehört die Meinungsfreiheit – im Betrieb zu unterbinden. Kein Ruhmesblatt für die Charité.