17. März 2017

WISAG geht Baden – Kündigung eines Betriebsrats vom Tisch

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf wies die Kündigung des aktiven Gewerkschafters Karl S. zurück. Freunde und Kollegen des Nachtwächters quittierten das Urteil mit lautem Beifall. Die Kammer sehe keine Gründe, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, sagte der Vorsitzende. Der Tatvorwurf einer Verdachtskündigung sei nicht erwiesen. Eine Revision beim Bundesarbeitsgericht ließ das Gericht nicht zu. Mit diesem Urteil ist wohl auch die zweite Kündigung vom Tisch, erklärte die Rechtssekretärin, die Karl zur Seite stand. Sobald das Urteil rechtskräftig sei, werde er bei der WISAG wieder auf der Matte stehen, freute sich der Gewerkschafter.

Der Vorwurf des Konzerns, das Betriebsratsmitglied habe in betrügerischer Absicht eine falsche Fahrtkostenabrechnung vorgelegt, erwies sich nach der Vernehmung eines Zeugen als völlig haltlos. Für den Dienstleistungskonzern, der in den Bereichen Gebäudereinigung, Haustechnik, Catering, Bodenverkehrsdienste, Sicherheit und Bewachung tätig ist, und für den über 46.000 Beschäftigte arbeiten, ist das Urteil eine empfindliche Schlappe, denn das Verfahren hatte nicht nur hohe Kosten verursacht, sondern auch für Schlagzeilen und Empörung unter den Beschäftigten gesorgt. Die meisten arbeiten Teilzeit mit befristeten Verträgen und kommen mit ihrem Lohn mehr schlecht als recht über die Runden. Kein Wunder, dass das Frankfurter Familienunternehmen floriert und fette schwarze Zahlen schreibt. Der Umsatz der Holding steigt von Jahr zu Jahr, auf rund 1,7 Milliarden Euro 2014. Zwar hält sich das Unternehmen an den Mindestlohn, heißt es in einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung. Doch wenn Betriebsräte Betriebsvereinbarungen oder Gewerkschaften Tarifverträge abschließen wollen, ist Schluss mit lustig. Karl war Vorsitzender der Vertrauensleute bei der WISAG-Tochter, ist Mitglied der verdi-Tarifkommission des Wach- und Sicherheitsgewerbes in NRW und stellvertretendes Betriebsratsmitglied. Die Geschäftsleitung will ihnen loswerden, weil er sich sich aktiv für seine Kolleginnen und Kollegen einsetzte und ihnen zu ihrem Recht verhalf, wenn sie zu wenig Lohn bekamen, es um Befristung ging oder darum, Teilzeit- in Vollzeitverträge umzuwandeln. Auf einer Betriebsversammlung hatte der Geschäftsführer der WISAG Sicherheit & Service Nord-West GmbH den Kollegen angegriffen, weil immer mehr betriebliche Konflikte beim Arbeitsgericht landeten. Doch warum sollten Beschäftigte auf ihre Rechte verzichten, wenn der Arbeitgeber sie ihnen vorenthält und nicht mit sich reden lässt?