4. Juni 2019

Lufthansa/LSG – (Schlechte) Arbeit kann töten

 

Seit mehreren Jahren baut die LSG, Tochtergesellschaft der Lufthansa für Bodendienste, massiv Lohnkosten ab. Das geschieht zum einen durch Lohnkürzungen bei Stammbeschäftigten, zum weiteren mithilfe sogenannter „Abrufer“, die auf telefonischen Anruf Zuhause zur Arbeit gerufen werden und schließlich mithilfe von Zeitarbeitern und mithilfe von Stilllegungen und Fremdvergabe ganzer Arbeitsbereiche wie dem Spülen von Geschirr oder der Zubereitung von Mahlzeiten.

Die Lohnverluste, die den Beschäftigten zugemutet werden, können dabei mehr als tausend Euro pro Monat betragen. Andere, deren Abteilungen geschlossen werden, stehen plötzlich ganz ohne Arbeit und Einkommen da.

Am 6. April 2019 hat sich Juan Ballestero, Vater von fünf Kindern, das Leben genommen, weil er nicht mehr wusste, wie er mit 1.200 Euro weniger im Monat seine Familie ernähren und die Kredite für sein Einfamilienhaus bezahlen sollte. Juan war 56 Jahre alt und hat 31 Jahre lang für die LSG gearbeitet. In einem Fernsehbericht von ZDF-Zoom hatte er bereits im Jahre 2017 erklärt, er wisse angesichts der tiefen Einschnitte bei seinem Gehalt nicht mehr ein noch aus. Juan wehrte sich gegen seinen Gehaltsabbau und reichte vor Gericht Klage ein. Das Gericht entschied gegen ihn.

Nur wenige Tage nach seinem Selbstmord berief die Firmenleitung eine Belegschaftsversammlung ein, auf der sie erklärte, sie habe mit der Verzweiflungstat von Juans nichts zu tun. Als Betriebsräte bei LSG mit einem Aushang Juans Kolleg*innen bitten wollten, für ihn zu spenden, untersagte das die Firmenleitung. Bei der Familie von Juan hat sich die Firmenleitung nicht gemeldet. Hilfe wurde ihr nicht angeboten, Beileid wurde ihr nicht ausgesprochen. Auch nach einer Betriebsversammlung im Mai, als die Geschäftsführung deswegen scharf kritisiert wurde, änderte sie ihre Haltung nicht, sondern tat weiterhin so, als ginge sie dieser Todesfall nichts an.

Die Witwe von Juan arbeitet ebenfalls bei LSG, seit 27 Jahren als sogenannte Abruferin auf Basis von 40 Monatsstunden. Während sie früher, wie viele Abrufer, monatlich 120 und mehr Stunden arbeitete, wurde sie in den letzten Jahren nur noch für 40 Stunden im Monat zur Arbeit bestellt. Ihr Lohn schrumpfte auf ein Drittel ihrer früheren Einkünfte. Ihre Bitte, sie fest einzustellen, wurde mit dem Hinweis auf ihre Krebserkrankung abgelehnt.

LSG wie auch Lufthansa behaupten, der Konkurrenzkampf in der Branche zwinge sie zu solch drastischen Maßnahmen. Tatsächlich forcieren beide Unternehmen durch genau diese Maßnahmen das Lohndumping selber.

LSG erweitert z.B. in Tschechien ein Werk, in dem die Fluggastverpflegung für alle deutschen Lufthansa-Standorte produziert und portioniert und dann durch halb Europa zu den örtlichen Flughäfen kutschiert werden soll. Die dort Beschäftigten, die aus zahlreichen Ländern angeworben werden, erhalten etwa 800 Euro pro Monat; in unmittelbarer Nähe des Unternehmens werden je vier von ihnen in einen Wohncontainer eingewiesen. Eine Art Leibeigenschaft – oder ist das schon Sklavenarbeit?

Ver.di ruft für den 5. und 6. Juni zu Protestaktionen dagegen auf: https://www.verdi.de/themen/geld-tarif/++co++66dcfd90-85ea-11e9-aa60-525400b665de.

Die Lufthansa selbst lagert z.B. erhebliche Teile der Wartungsarbeiten u.a. nach Manila/Philippinen aus, zu einem Bruchteil der Lohnkosten hierzulande, allerdings auch zu einem Bruchteil der Kompetenz. Mit teils dramatischen Folgen für die Sicherheit der gewarteten Maschinen (s. Bericht von ZDF-Zoom vom 11.7. 2017).

Schlechte Arbeit, Entlassungen und Lohnkostenabbau haben dramatische Folgen. Sie können sogar Leben kosten, wie im Falle von Juan B. Dass die Lufthansa bzw. die LSG nicht einmal den Mut aufbringt, für solche Folgen einzustehen, ist erschütternd und entlarvt ihre sonstigen Beteuerungen, „menschlich“ zu handeln, als schlichte Propaganda.

Juans Leben ist nicht zurückzuholen. Aber wenigstens sollten die Verantwortlichen dafür sorgen, dass die Familie von Juan nicht noch weiter ins Elend gestürzt wird. Die Kredite für das Haus der Familie, die ohne Juan nicht mehr bezahlt werden können, muss die LSG übernehmen und der Witwe von Juan muss sie einen festen Arbeitsvertrag anbieten. Das wäre wohl das Mindeste bei 2,8 Milliarden Euro Gewinn („Adjusted EBIT“), den Lufthansa für 2018 angibt.

Weil wir im Unterschied zu Lufthansa/LSG die Familie Ballestero nicht allein lassen, rufen wir zu Spenden auf das Konto der Tochter von Juan auf.

Kontoinhaberin: Anais Ballestero Perez. IBAN: DE58 5115 1919 0070 5330 39. Stichwort: Solidspende Juan Ballestero.