Betriebsratswahlen 2022: Neuer Aufbruch?

 

(gk) Berlin: Ab Mittag hatten die Beschäftigten in den meisten Großbetrieben Berlins ihre Arbeit niedergelegt, u.a. bei AEG, Siemens und Daimler. Vor dem Reichstag versammelten sich schließlich mehr als hunderttausend Arbeiter:innen während einer Verhandlung zum Betriebsrätegesetz. Sie forderten statt lediglich einer Mitwirkung das «volle Kontrollrecht über die Betriebsführung» durch Arbeiter, Angestellte und Beamte in sämtlichen Privat- und Staatsbetrieben. Die Demonstration wurde mit Maschinengewehren niedergeschossen, es gab mehrere Dutzend Tote.

 

Als «Blutbad vor dem Reichstag» ging diese Demonstration anläßlich der Weimarer Nationalversammlung am 13.Januar 1920 in die Geschichte ein. Reichspräsident Friedrich Ebert (SPD) ging gegen die Opfer vor und verhängte am nächsten Tag den Ausnahmezustand, zahlreiche Mitglieder der Arbeiterparteien USPD und KPD wurden festgenommen, mehr als vierzig Zeitungen verboten.

 

Von den Rechten, die heute ein Betriebsrat in einem Unternehmen ab fünf Beschäftigten wahrnehmen darf, sind gegenüber den Forderungen der Arbeiter*innenbewegung nach dem Ersten Weltkrieg nur Rudimente übrig geblieben.  Heute kann ein Betriebsrat mitreden, wenn es um Arbeitszeiten, Einstellungen, Kündigungen, Gesundheitsschutz und Bezahlung geht. Unbestreitbar ist also die Bedeutung eines Betriebsrats für Beschäftigte. Aber vielen Vorständen und Geschäftsführungen geht sogar das schon zu weit. Häufig wird z.B. in Start-ups, in denen sich Chef und Beschäftigte duzen, schon die Einleitung einer Wahl zum Betriebsrat als Misstrauensvotum empfunden. Dabei ist die Interessenvertretung durch einen Betriebsrat ein verbrieftes Recht der Beschäftigten.

 

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